
Anne Schlumberger ist juristische Senior Spezialistin im Bereich Geldwäschereiprävention. Im Interview erklärt sie, was Geldwäscherei resp. Geldwäschereiprävention überhaupt ist und welche Qualitäten in ihrem Job besonders gefragt sind.
Interview (über Skype geführt): Annika Willi
Hallo Anne, danke, dass du dir Zeit für das Interview nimmst.
Sehr gerne.
Du bist juristische Senior Spezialistin im Bereich Geldwäschereiprävention. Was ist Geldwäscherei resp. Geldwäschereiprävention?
Geldwäscherei ist das Verstecken von Gewinnen oder Erträgen aus kriminellen Handlungen. Das Geld wird über verschiedene Kanäle geleitet, damit man nicht mehr nachvollziehen kann, woher es kommt. Letztlich ist die Idee dahinter, dass man die Strafverfolgung verhindern kann und auch die Konfiskation dieser illegal erworbenen Vermögenswerte. Damit das nicht passiert, werden von den Regierungen, auf staatlicher Ebene, verschiedene Massnahmen getroffen. Einerseits wird reguliert, und andererseits wird die Einhaltung der Regeln kontrolliert und Verstösse werden sanktioniert. Das ist Prävention. Das Ziel in Liechtenstein ist, dass der Finanzplatz nicht für kriminelle Machenschaften missbraucht wird.
Was sind illegal erwirtschaftete Gelder?
Geld, das aus Straftaten erworben wurde. Als Straftat kommt beispielsweise Betrug, Drogenhandel, Menschenhandel oder auch Steuerhinterziehung in Frage.
Worin besteht Deine Aufgabe zur Hauptsache?
Meine Hauptaufgabe ist das Planen, Durchführen und Nachbearbeiten von Vor-Ort-Kontrollen bei Marktteilnehmern, die Treuhanddienstleistungen anbieten, also die Treuhänder und Treuhandgesellschaften. Zudem bin ich auch hin und wieder bei Vor-Ort-Kontrollen von Banken, Spielbanken, Vermögensverwaltern und Versicherungen dabei.
Das Ziel in Liechtenstein ist, dass der Finanzplatz nicht für kriminelle Machenschaften missbraucht wird.
Wie kann man sich eine solche Vor-Ort-Kontrolle vorstellen?
Zuerst mache ich einen Termin mit dem Geprüften aus und teile ihm mit, was er uns im Voraus alles liefern muss, damit wir dies schon einmal ansehen können. Das sind in der Regel die internen Richtlinien und die vom Marktteilnehmer verwendeten Dokumente. Zudem informiere ich mich generell über den Geprüften und lese mich ein. Dann gehen wir vor Ort und prüfen dort, stellen Fragen und ziehen Stichproben. Der Finanzmarktteilnehmer ist verpflichtet Sorgfaltspflichtakten zu führen. Das heisst: Er muss Passkopien seiner Kunden haben, er muss aufschreiben, wie das Geld verdient worden ist, wie reich der Kunde ist, für was er das Geschäft machen will, usw. Er muss auch vorzeigen können, dass er die Transaktionen seiner Kundenmandate überprüft und allenfalls abklärt. Wir schauen uns an, ob er all dies tatsächlich dokumentiert hat. Mit diesen Sorgfaltspflichten soll verhindert werden, dass Geld aus illegalen Quellen in das Finanzsystem eingeschleust wird.
In der Regel sind wir zu dritt vor Ort. Unter der Corona-Pandemie ist alles reduziert, entweder wir kommen nur zu zweit oder wir führen die ganze Prüfung virtuell durch. Dazu lassen wir uns die Unterlagen der Stichproben zuschicken. Ich persönlich arbeite aber viel lieber vor Ort, denn dann bekomme ich ein Gespür für mein Gegenüber und den Betrieb.
Zurück im Büro schreibe ich einen Bericht, welchen der Geprüfte im Anschluss kommentieren kann. Wenn bei der Kontrolle Mängel zutage gefördert wurden, schreibe ich für unsere Enforcementabteilung einen weiteren Bericht, damit diese dann allenfalls ein Verfahren in Gang setzen können.
Womit hast du Dich heute beschäftigt?
Ich stehe mitten in der Vorbereitung einer Vor-Ort-Kontrolle bei einem Treuhänder in Balzers. Gerade bin ich damit beschäftigt, frühere Kontrollberichte anzusehen und sammle alle Informationen, die wir über ihn haben. Jeder Treuhänder muss jährlich eine Meldung machen, wie viele Kunden er hat, woher diese kommen und unter welchem Risiko diese stehen. Diese sehe ich mir heute auch noch an.
Ist diese Tätigkeit eher die Ausnahme oder die Regel?
Das ist eigentlich meine Hauptaufgabe. Ich habe am Rande noch mit Moneyval für das kommende Länderassessment zu tun und ab und zu beantworte ich Anfragen von Treuhändern. Moneyval ist übrigens der Expertenausschuss des Europarates für die Bewertung von Massnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Liechtenstein ist Mitglied bei Moneyval.
Regelmässig so viele neue Menschen kennenzulernen finde ich hoch interessant. Ich schätze auch mein Team besonders und die gute Arbeitsatmosphäre bei der FMA.
Wer beschliesst, welche Finanzteilnehmer kontrolliert werden? Werden alle jährlich kontrolliert?
Sämtliche Marktteilnehmer sind aufgrund ihrer Meldungen in Risikogruppen unterteilt. Bei allen, die ein hohes Risiko ausweisen, werden wir auf jeden Fall vorbeigehen. Bei allen Marktteilnehmern werden zudem externe Revisoren engagiert, die ebenfalls Kontrollen durchführen. Dass die FMA nun selber kontrolliert liegt auch daran, dass dies auf internationaler Ebene verlangt wird.
Welche Qualitäten sind in deinem Job besonders gefragt?
Ich habe den Vorteil, dass ich sehr lange in der Praxis tätig war. Ich habe viele Jahre im Treuhandbereich in Liechtenstein und der Schweiz gearbeitet. Ich kann leicht eine Vertrauensbasis bei Vor-Ort-Kontrollen aufbauen. Der grosse Vorteil dadurch ist, dass man die Gesamtsituation besser beurteilen kann. Daneben muss man natürlich auch ein gewisses Sitzleder haben, um viel lesen und analysieren zu können. Und man muss natürlich das Gesetz kennen.
Was schätzt du besonders an deinem Job?
Mein Job ist wahnsinnig abwechslungsreich. Ich bin sehr dankbar, dass ich oft unterwegs, vor Ort, sein darf. Für den Austausch mit den verschiedenen Finanzmarktteilnehmern bin ich auch sehr dankbar. Regelmässig so viele neue Menschen kennenzulernen finde ich hoch interessant. Ich schätze auch mein Team besonders und die gute Arbeitsatmosphäre bei der FMA.
Was schätzt Du noch an der FMA?
Ich fühle mich sehr gut aufgenommen. Die Adventskalender-Kiste, die alle ins Homeoffice nach Hause geliefert bekommen haben, fand ich sensationell. Dass man sich so viele Gedanken macht und jedes der 24 Geschenke von Hand einpackt, das schätze ich wirklich sehr. Die Leute hier sind sehr positiv, freundlich, dankbar und motivierend – das ist super. Ich bin immer noch erstaunt, wenn mir der CEO Herr Gassner zum Geburtstag gratuliert. Das bin ich nicht gewohnt und finde ich sehr schön.
Wie lange bist du schon bei der FMA tätig?
Jetzt sind es zwei Jahre.
Du wohnst immer noch in Zürich?
Ich lebe in Thalwil, etwas ausserhalb von Zürich. Nach Liechtenstein fahre ich mit dem Auto eine Stunde und zehn Minuten. Von Thalwil nach Zürich zur Arbeit würde ich mit dem öffentlichen Verkehr fast gleich lange brauchen. Auch abseits der Corona-Pandemie arbeite ich hin und wieder im Homeoffice, deshalb geht das mit der Distanz sehr gut.
Wo findest du in deiner Freizeit den Ausgleich zu deiner Arbeit bei der FMA?
Mein Mann und ich haben zusammen vier kleine Hunde. Ich weiss nicht, ob die Arbeit bei der FMA nicht der Ausgleich von den Hunden ist (lacht). Einmal hatte ich eine Besprechung per Videokonferenz. Einer der Hunde ist auf den Tisch gehüpft und durchs Bild gelaufen. Das hat alle Gesprächsteilnehmer erheitert! Mittlerweile hat sich die Homeoffice-Situation sehr gut eingependelt und ich bin froh, dass die Hunde mir Gesellschaft leisten.