Übersicht

„So läuft das meistens“

05. Dezember 2019

André sorgt mit seiner Arbeit dafür, dass Versicherte Vertrauen in ihre Versicherung haben können. Wie er das tut, erklärt er uns im Interview.  

Interview: Beat Krieger

 

André, womit hast Du Dich heute Morgen beschäftigt?
Da liefen gleich ein paar Dinge parallel. Ich arbeitete an der Bewertung von fachlichen Qualifikationen und Integrität von Unternehmensorganen. Dann stehe ich im Kontakt mit einer ausländischen Aufsichtsbehörde wegen einer Übertragung von Versicherungsverträgen von einer Versicherung auf eine andere. Mit einem Kollegen aus der Aufsichtsabteilung diskutierte ich eine Frage bezüglich der Kostenstruktur einer Versicherung. Und der Bereichsleiter gab uns die relevanten Informationen aus der Geschäftsleitungssitzung weiter.
 

Ist dieser Morgen eher die Ausnahme?
Nein. So läuft das meistens. Das gefällt mir. Immer abwechslungsreich und anders.
 

Du bist juristischer Senior Spezialist in der Aufsicht über Versicherungsunternehmen. Was bezweckt Ihr mit Eurer Arbeit?
Mit unserer Arbeit schützen wir die Versicherungsnehmer, also die Kunden der Versicherungen. Der Kundenschutz ist zentrales Ziel einer Aufsichtsbehörde. Wir sorgen dafür, dass die Versicherungen ihr Geschäft ordnungsgemäss betreiben, finanziell solide und für die Kunden sicher sind. Der Versicherte muss darauf vertrauen können, dass die Versicherung ihr Leistungsversprechen einhalten wird, wenn der Versicherungsfall eintritt.
 

Vertrauen in die Versicherung ist wichtig.
Mehr als das. Es ist die Grundlage des Versicherungsgeschäfts. Der Versicherte kauft mit seinen Prämien bei der Versicherung ein Versprechen. Das Versprechen beispielsweise, dass die Versicherung bei seinem Ableben seiner Familie während vielen Jahren monatlich eine Rente zahlt. Darauf muss der Versicherte vertrauen können. Die Versicherten können dies selbst nicht überprüfen oder gar sicherstellen. Wir können dies mit unseren Kompetenzen als Aufsichtsbehörde.

 

"Deshalb sind wir Generalisten und Spezialisten zugleich und tragen viel Verantwortung. Das finde ich sehr befriedigend und interessant."

 

Wie beaufsichtigt ihr die Versicherungsunternehmen?
In 2er-Teams. Ein solches Team besteht aus einem Juristen und einem Betriebswirtschafter oder Aktuar. Wir werten periodische Meldungen und Prüfberichte aus, führen Gespräche mit dem Management oder führen Vor-Ort-Kontrollen durch. Natürlich arbeiten die Teams eng zusammen. Wenn wir problematische Entwicklungen entdecken, suchen wir zuerst das Gespräch mit dem Unternehmen. Dieser Dialog ist sehr wichtig. Und wenn wir Regelverstösse feststellen, sind wir Polizei und treffen die angezeigten Massnahmen.
 

Was schätzt Du besonders an Deinem Job?
Die Vielseitigkeit. Wir sind im Vergleich mit Aufsichtsbehörden anderer europäischer Länder klein. Wir haben aber mit der Mitgliedschaft Liechtensteins im EWR dasselbe Aufsichtsrecht und dieselbe Bandbreite an Aufgaben. Deshalb sind wir Generalisten und Spezialisten zugleich und tragen viel Verantwortung. Das finde ich sehr befriedigend und interessant.
 

Bringt die Vielseitigkeit auch viele Kontakte innerhalb der FMA und externe Kontakte mit sich?
Ja. Die sind sehr zahlreich. Einerseits mit meinen Kollegen im Bereich Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, dann aber auch zu den Kolleginnen und Kollegen der anderen Organisationseinheiten. Die FMA beaufsichtigt als integrierte Aufsichtsbehörde auch andere Finanzintermediäre wie Banken oder den Fondssektor. Da gibt es eine enge Zusammenarbeit.
 

Und die externen Kontakte?
Die sind ebenso zahlreich. Wir pflegen täglich Kontakte mit Versicherungsunternehmen. Dann stehen wir oft in Kontakt mit Wirtschaftsprüfern, mit den Branchenverbänden, der Regierung oder anderen Behörden. Dies auf nationaler Ebene.
 

Und auf internationaler Ebene?
Die Versicherungen in Liechtenstein sind international tätig, vor allem in Europa, aber auch auf anderen Kontinenten. Deshalb stehen wir sehr oft in Kontakt mit ausländischen Aufsichtsbehörden. Sie müssen sicher gehen können, dass die Versicherungsunternehmen, die wir beaufsichtigen und in ihren Ländern tätig sind, ihr Geschäft ordnungsgemäss betreiben. Weitere interessante Austauschbeziehungen ergeben sich dadurch, dass die FMA als nationale Aufsichtsbehörde eines EWR-Landes in das Europäische Finanzaufsichtssystem integriert ist. Das bedeutet, dass wir in den wichtigen Gremien und Arbeitsgruppen der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA vertreten sind. Diese internationale Komponente meines Jobs und auch die damit verbundenen persönlichen Kontakte, etwa anlässlich von Geschäftsreisen, schätze ich auch sehr.
 

Stichwort Digitalisierung: Beschäftigt sie Dich auch?
Ja, schon länger und immer mehr. Die Aufsichtsprozesse werden verstärkt digitalisiert. Das heisst, die Aufsichtsbehörden werden Informationen und Daten der Versicherungen vielmehr digital verarbeiten. Dazu entwickeln sie in Zusammenarbeit mit externen Spezialisten spezielle Technik. Unser Wissen als Aufsichtsbehörden steckt künftig also auch in diesen Anwendungen. Die Entwicklung geht klar in Richtung Einsatz von künstlicher Intelligenz. Der Einsatz von digitaler Technologie ist auch deshalb wichtig, weil mit der hohen Regulierungsdichte im Versicherungssektor in der Aufsicht immer grössere Datenmengen anfallen. Die Digitalisierung verändert natürlich auch die Geschäftsmodelle der Versicherer, Stichwort Insuretech. Auch hier müssen wir immer am Ball bleiben. Wir müssen verstehen, was die Versicherer tun, wenn wir sie wirksam beaufsichtigen wollen.

André Hoffmann, Juristischer Senior Spezialist, Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen

Lerne mehr über diesen Bereich

Beitrag teilen